Viele Juden konnten es einfach nicht glauben, als sie in Nazi-Deutschland plötzlich alle Bürgerrechte verloren und immer mehr staatlichem Terror ausgeliefert waren. Im Zweiten Weltkrieg verbreiteten die Nazis diesen Terror über ganz Europa. In der litauischen Hauptstadt Vilnius lebten 1931 55.000 Juden, etwa ein Viertel der Bevölkerung. Sie wurden 1941 von den Deutschen in das Ghetto Wilna, wie sie es nannten, in der Altstadt gesperrt und bis 1943 fast alle ermordet. Tausende wurde in das benachbarte Ponar geführt und dort erschossen.
Im Ghetto von Wilna wurde von den deutschen Besatzern ein Judenrat eingesetzt, der unter anderem ein Theater betrieb, in dem unter anderem Revuen gespielt wurden, die der Schauspieler und Musiker Kasriel Broydo komponierte.
Dieses Lied schrieb Kasriel Broydo im Ghetto von Wilna zwischen 1941 und 1943, und es beschreibt das ungläubige Staunen über den Nazi-Terror aus der Sicht eines Juden im Ghetto:
„Zi darf es asoj sajn“. Ob das wirklich so sein darf?
„Die schönen Plätze („sskwern“) und Boulevards („bulwarn“) meiner Stadt – mein zu Hause
alles soll nur noch für die anderen sein –
und für mich nur noch dieses elende Viertel („kwartal“) hier
mit dem Schild „Weiter gehen verboten“?
Ich kann es nicht glauben:
Die Stadt mit ihren Straßenbahnen („tramwajen“) und den Zeitungsjungen, der sonnenbeschienene Himmel:
alles scheint wie immer zu sein – außer uns Menschen, die hier im Ghetto leben!
Mein Herz ist außer mir und fragt, ob das wirklich so sein darf?
Wer hat die Welt so eingerichtet? -„Zi darf es asoj sajn“?
Der israelische Autor Joshua Sobol stellte die schwierige Situation des jüdischen Theaters in Wilna in seinem Theaterstück „Ghetto“ dar. Es wurde 1984 von Peter Zadek inszeniert und in der Freien Volksbühne in Berlin mit Esther Ofarim, Michael Degen, Ulrich Tukur, Peter Kern, Hannes Jaenicke und vielen anderen aufgeführt. Giora Feidman kam für dieses Stück zum ersten Mal nach Deutschland und spielte Klarinette. Er machte Klezmer in Deutschland populär.